Douce memoire
Schlager aus dem 16. Jahrhundert | Nigel North – Laute
Sa, 21.09.2024 - 20:15 Uhr
| Asisi-Panorama »Luther 1517«

In der heutigen Musikkultur gibt es viele Lieder, die fast jeder kennt und singen kann, unabhängig von seinem Musikgeschmack – sei es Klassik, Jazz oder Rock. »Yesterday« von den Beatles ist ein solches Lied. Fragt man neue Studierende, ob sie es kennen, können sie es normalerweise sofort singen und harmonisieren. Vor 400, 500 Jahren gab es eine große Anzahl von »Liedchen«, die in vielen Ebenen der Gesellschaft bekannt waren – die wahren Hits der damaligen Zeit. Zieht man die moderne Welt des Jazz als Parallele heran, erkennt man ein Äquivalent zum Jazz Book of Standards aus dem 16. Jahrhundert, das früher »Fake Book« genannt wurde und heute als »Real Book« bekannt ist.

Im 16. Jahrhundert war die Laute eines der am häufigsten verwendeten Instrumente. Professionelle Lautenisten spielten und arrangierten ein breites Repertoire für ihr ausdrucksstarkes, subtiles und vielseitiges Instrument. In ganz Europa bestand mindestens die Hälfte des Repertoires für Sololaute aus »Intabulationen«, also Arrangements von Vokalmusik: Geeignete Chansons, Lieder, Motetten und Madrigale wurden ausgewählt und zu neuen Lautenstücken verarbeitet. Im Standard-Buch für Laute aus dem 16. Jahrhundert finden sich unter anderem italienische Madrigale von Jakob Arcadelt, Cipriano de Rore und Orlando di Lasso sowie französisch-flämische Chansons von Josquin des Prez, Thomas Créquillon, Pierre Sandrin, Claudin de Sermisy und Jean Richafort. Doch die Lautenisten entwickelten auch Neues! Aus dem melodischen Material eines Gesangsstücks kreierten sie Fantasien, wie sie im Konzert ebenfalls zu hören sein werden.

Der Abend mit Nigel North endet mit einem der berühmtesten und einflussreichsten Stücke im Europa des späten 16. Jahrhunderts: dem »Lachrimae Pavan« von John Dowland. Um 1580 komponierte Dowland das Pavan, das als »Flow my Tears« in seinem zweiten »Book of Ayres« im Jahre 1600 veröffentlicht wurde. Wie beim Blues kann das Hören eines melancholischen Stücks aus dem 16. Jahrhundert befreiend wirken – es lässt Menschen noch 500 Jahre später erfrischt und optimistisch in die Zukunft blicken. 

Ticket 25 Euro/ ermäßigt 22 Euro
Nigel North
Renaissancelaute

Nigel North wurde in London geboren und spielt seit seinem 15. Lebensjahr Laute. Als Siebenjähriger wurde er von der britischen Instrumental-Rockband The Shadows inspiriert, die vor allem in den 1960-er Jahren erfolgreich war. Nach klassischen Studien der Geige und Gitarre entdeckte er schließlich die Laute für seinen künftigen Lebensweg. Das Laute-Spielen brachte er sich selbst bei; Impulse vermittelten ihm Künstler wie Michael Schäffer, Gustav Leonhardt und das amerikanische Jazz-Duo Tuck & Patti. Der Musik Johann Sebastian Bachs galt schon früh Nigel Norths besondere Leidenschaft, ausgelöst durch einen Traum im Alter von zwölf Jahren, in dem ihm Bach eine Laute schenkte.

Unterrichten und Spielen sind für North seit eher eng verbunden. Von 1999 bis 2024 war er Professor für Laute am Historical Performance Institute (ehemals Early Music Institute) der Indiana University in Bloomington. Zu seinen früheren Stationen zählen die Guildhall School of Music and Drama in London, die Hochschule der Künste in Berlin und das Royal Conservatory in Den Haag.

Nigel North schrieb Lehrwerke wie »Continuo playing on the Lute, Archlute and Theorbo« und veröffentlicht zahlreiche Transkriptionen von Werken Johann Sebastian Bachs für Laute. Zu seinen Aufnahmen gehören eine Box mit vier CDs »Bach on the Lute» bei Linn Records, vier CDs mit der Lautenmusik von John Dowland, erschienen bei Naxos, vier CDs mit Musik von Sylvius Weiss und zwei Einspielungen mit Musik von Francesco da Milano, beide beim Label BGS. Zuletzt nahm er für das britische Label Deux-Elles eine Doppel-CD mit Bachs Gesamtwerken für Laute und anderen neuen Transkriptionen auf.

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